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Sie hat eine tatkräftige, herzliche, ja warme Art, man kann sich Anna Ludwig sehr gut als Sozialbetreuerin vorstellen. Das ist es, womit sie derzeit ihr Geld verdient. Aber sie ist auch eine gute Milchbäuerin. Aufgewachsen ist die 26-jährige auf dem Oberleiterhof in St. Peter im Ahrntal auf 1.300 Meter Höhe, den ihre Familie nach wie vor betreibt. Also mitten in der unberührten Natur, wo erst einmal nichts oder eben alles kommt: Ursprünglichkeit, die Kraft des Wassers vieler Gletscher, Einsamkeit und die Kühe. Anna hat gelernt, die Tiere zu füttern und sie zu melken. Sie hilft bei der Heuarbeit, der Bewirtschaftung der Alm und im Bauerngarten mit.
„Es ist wirklich sehr viel Arbeit auf dem Hof“, sagt Anna. Er ist eingestuft mit 112 Erschwernispunkten. Diese gibt es für besonders schwer zu bewirtschaftendes und steiles Gelände und sie sind verbunden mit höheren Unterstützungen und Förderungen. Ab 40 Punkten gilt ein Hof als Bergbauernhof, ab 100 Punkten wird seine Bewirtschaftung zur Knochenarbeit. Dann geht vieles nur noch mit der Hand oder besser mit vielen fleißigen Händen.
„Wir sind vier Kinder auf dem Hof, inzwischen alles junge Frauen und helfen kräftig mit. Der Tag einer Milchbäuerin beginnt früh, gegen sechs Uhr mit Melken und Füttern. Glücklicherweise kommt der Biomilch-Wagen erst gegen Mittag und wir müssen längst nicht so früh aufstehen wie andere Milchbauern, da kommt der Wagen schon gegen 5.30 Uhr“, erzählt Anna, während sie den Kälbchen im Stall über den Kopf streichelt. „Das sind Roberta und Sonja, sie tragen im Namen die Anfangsbuchstaben ihrer Mütter."
„Am Abend werden die 15 Milchkühe nochmals gemolken, in der Zeit dazwischen weiden sie gemeinsam mit ihren Jungrindern und Kälbern auf den Wiesen am Hof". Um diesen Ausblick würde sie so mancher Tourist beneiden, die Lage auf der Sonnenseite ist first class. Dabei ist nicht alles Gold was glänzt. „Als größte Herausforderung für die Bergbauern sehe ich die Bürokratie. E-Mails und Anträge schreiben, diverse Termine wahrnehmen, Rechnungen zahlen, Abrechnungen ausstellen – das ist schon brutal. Unsere Eltern haben nie Kontakt mit Computern gehabt, die arbeiten auch viel lieber draußen. Zum Glück können wir Kinder ihnen da viel abnehmen.“
Wie sie die Zukunft der Milchwirtschaft in Südtirol sieht? „Ich bin da sehr zuversichtlich und denke, dass viele Höfe weiterarbeiten werden. Gerade auf unserer Tauernalm kann ich beobachten, wie sehr die Gäste unsere Produkte wertschätzen. Sie sehen die Kühe, dass es ihnen gut geht und dann schmeckt ihnen der Käse doppelt so gut. Aus diesem Grund glaube ich, dass in der Kooperation der regionalen Landwirtschaft mit dem Gastgewerbe viel unausgeschöpftes Potenzial steckt.“ Das ist auch der Grund, warum sie sich ehrenamtlich als stellvertretende Landesleiterin der Südtiroler Bauernjugend engagiert. „Ich will etwas bewegen und mitgestalten. Mich interessieren die politischen Prozesse und ich bin gern unter Leuten. Die Bauernjugend ist in Orts-, Bezirks- und Landesausschüssen organisiert. Wir veranstalten Feste und Weiterbildungen, tragen Informationen in die Gruppen, diskutieren über politische Themen, kümmern uns um den Zusammenhalt und die Zusammenarbeit unter den jungen Bäuerinnen und Bauern. Besonders beliebt sind Wettbewerbe wie zum Beispiel das ‚Handmähen‘ mit der Sense und das ‚Geschicklichkeitsfahren mit Traktoren‘.“
Ob sie den Hof mal übernehmen wird? „Derzeit sieht es so aus, als ob meine jüngere Schwester das machen wird. Sie liebt die Landwirtschaft und die Tiere sehr. Trotzdem zeigt auch mein Wegweiser deutlich in Richtung Milchbäuerin, denn mein Freund kommt ebenfalls von einem Bauernhof und ich mag dieses Leben schon sehr: diese Abgeschiedenheit und die Freiheit, die es so in der Stadt glaube ich nicht gibt.“
© Foto: IDM Südtirol Alto Adige/Sylvia Pollex